Luminous Night of the Soul

Geistliche Chormusik zwischen Gebet und mystischer Dichtung mit ProCant

 

 

 

Geht jemand in Fußball verrückten Zeiten ins Konzert für Geistliche Chormusik? Man geht! Das Stadion bzw. die Kirche war voll gefüllt! Aber vielleicht war es auch gut, dass nicht ausgerechnet ein Deutschlandspiel stattfand... ProCant hatte schon lange geübt und jetzt vor den Ferien kam das Produkt zu Ohren: Unter dem Titel Luminous Night of the Soul gab es geistliche Chormusik zwischen Gebet und mystischer Dichtung von Gabriel Fauré, Karl Jenkins, Morten Laurdison und Ola Gjeilo zu hören, wie das ausgeteilte Libretto vermeldet. Ein wunderbar ruhiger, angenehmer Abend, der durch wunderbar leichte Musik verzauberte. Man konnte sich problemlos in diesen Abend hineinfallen lassen. Doch der Reihe nach...

Zu Beginn des Konzertes gab es ein Stück von besagtem Gabriel Fauré (Musik) und Jean Racine (Text): Cantique de Jean Racine, Op. 11. Es nahm die Zuhörerinnen gleichsam mit an den Anfang der Schöpfung, in die Zeit des Geistes, der über dem Wasser schwebte, die Stunde der Weisheit, die am Throne Gottes angesiedelt wird. Das Textheft übersetzt das französische Original so: Wort aus Gott vor der Zeit, du Anfang ohne Ende, das alles schuf und durchdringt und belebt, zum Lobpreis deiner Macht erheben wir die Hände, vor dessen Größe alles Sein erbebt. Ergieß auf uns das Feuer der göttlichen Gnade, dass Nacht und Schuld vor deiner Stimme fliehn, und lass nicht zu, dass wir, verirrt auf dunklem Pfade, uns deinem heiligen Willen entziehn. Du Quelle aller Weisheit, schenk Liebe und Glauben, wenn wir vereint deine Gaben erflehn, und was uns eigne Torheit und Herzenshärte rauben, lass unterm Strahl deiner Wahrheit erstehn.

Danach erfolgte eine kurze Begrüßung durch P. Hösl - schon konnte es weitergehen: Cantate Domino von Karl Jenkins (*1944) mit Worten aus Psalm 46, 95, 99 für Chor und Klavier schlossen sich an. Ihm folgte Benedictus von The Armed Man: A Mass for Peace von Karl Jenkins (*1944) für Chor, Violoncello und Klavier. Zu Beginn warfen sic gleichsam Vioncello und Klavier gegenseitig ein paar Töne zu. So simpel und so genial. Man hätte da noch Stunden zuhören können. Erstaunlich wie man mit ganz wenigen Tönen eine fantastische Atmosphäre erzeugen kann. Es folgte das Laudamus te, ebenfalls von Karl Jenkins.

Ein Gesang, den man aus der Gründonnerstagliturgie – die Feier des letzten Abendmahls Jesu mit seinen Jüngern - her kennt, bildete das folgende Stück: Ubi Caritas et Amor von Morten Lauridsen (*1943): Wo Güte ist und Liebe, da ist Gott. Ganz in eins hat uns gesammelt Christi Liebe. Lasst uns jauchzen und voll Jubel ihm frohlocken! Den lebend'gen Gott in Ehrfurcht lasst uns lieben und einander reinen Herzens innig lieben. Da wir uns also in Eintracht nun versammeln, lasst uns hüten, dass im Geiste nichts uns trenne. Fern sei missgünstiges Zanken, fern sei Zwietracht: Wahrhaft wird so mitten unter uns Christus sein. Amen.

Dann gab es mehr als heiße Luft, vielmehr das allseits bekannte Air aus der Orchestersuite Nr. 3 D-Dur, BWV 1068, 2. Satz von Johann Sebastian Bach (1685-1750) für Streichquartett, dem sich The Ground aus Sunrise Mass von Ola Gjeilo (*1978) für Chor, Streichquartett und Klavier anschloss.

Passend zur Tageszeit folgte dann Evening Prayer, ebenfalls von Ola Gjeilo. Der Text stammt übrigens vom heiligen Augustinus, Kirchenvater und Bischof von Hippo (354-430): Wache du, Herr, mit denen, die wachen oder weinen in dieser Nacht, und gib Deinen Engeln die Obhut über die, welche schlafen. Hüte deine Kranken. Lass deine Müden ruhen. Segne deine Sterbenden. Tröste deine Leidenden. Erbarme dich deiner Betrübten und sei mit deinen Fröhlichen. Und alles um Deiner Liebe willen...Amen.

Das letzte Lied gab dem ganzen Konzert seinen Namen: Luminous Night of the Soul, noch einmal von Ola Gjeilo. Der Text stammt Charles Anthony Silvestri (*1965) und dem Heiligen Johannes von Kreuz (1542-1591) . Es führte die Zuhörerinnen und Zuhörer motivisch wieder an den Anfang des Konzertes zurück, die Stunde der Schöpfung, die Stunde als es all das, was unser Leben so ausmacht und prägt noch nicht gab:

Lange bevor Musik von einem Chor gesungen, lange bevor Silber im Feuer geformt,

lange bevor Dichter das Herz berührten, warst Du der Geist von allem, was Kunst ist.

Du gibst dem Töpfer das Gespür für den Ton, du gibst dem Schauspieler die richtige Rolle zu spielen;
Du gibst dem Schreiber eine Geschichte zum Erzählen; Du bist das Gebet im Klang einer Glocke.
Lob sei all denen, die dich lieben und die Dein Sehnen fühlen! Lob sei der Musik, die sich erhebt uns zu inspirieren! Lob sei der Wunder Deiner Kunst, unser göttlicher Geist, alle Herrlichkeit sei Dir.
O Nacht, so hold wie nimmer das Morgenrot erscheinet!
O Nacht, die du vereinet dem Bräutigam die Braut, die umgewandelt sich in Ihm erschaut!

Ein paar wertvolle Sekunden, in denen es sehr ruhig war. Dann brandete Applaus auf, regelrecht frenetisch. Das Ensemble musste nochmals ran und sang als Zugabe The Lord bless you, ein frommes Gute Nacht Lied könnte man meinen.

Fazit: Ein schöner, leichter Abend, der die Zeitlosigkeit Geistlicher Chormusik einmal mehr bestätigte. Diese Musik ist leicht und hat doch Tiefgang. Dass das so wahrgenommen werden konnte lag freilich auch und vor allem an den Aufführenden, den Musikern und Sängern!

Das Ensemble ProCant unter der Leitung von Stephan Diedrich besteht seit 2005 und erarbeitet in regelmäßigen Abständen ein Programm aus geistlicher oder weltlicher Chormusik. Projekte der vergangenen Jahre umfassten unter anderem Werke der Komponisten Bach, Mozart, Brahms, Mendelssohn Bartholdy, Rheinberger, Debussy, Elgar, Telemann, Monteverdi, Orbán, Jenkins und Puccini.

Dieses Mal haben bei ProCant mitgesungen und mitgespielt:

Sopran: Andrea Bähringer, Dagmar Böer-Wilde, Gudrun Deicke-Zwer, Andrea Diedrich,
Andrea Geiken, Eva Habedank, Sophie Jünemann, Magdalene Klaus, Christina Lips, Sabine
Milczewski, Kirsten Sommer, Neele Walther, Nadine Wolfram

Alt: Raisa Barthauer, Antje Behme, Levke Johanna Deutsch, Nora Eulig, Jana Faust,
Henrike John, Charlene Ketturat, Julia Kleine, Theresa Kungl, Bea Lehtmets, Susann Müller, Christa Schmets, Meike Schweisfurth, Anna-Lena Windel

Tenor: Moritz Köster, Leonard Krayer, Fabian Kretzer, Birger Lambrecht, Gerhard Möller, Michael Osthoff, Johannes Senge, Martin Stubenvoll

Bass: Sigi Beyer, Christoph Bonstedt, Marc Fischer, Albert Krayer, Andreas Merrem, Martin Nitsche, Axel Reichelt

Interessierte Sängerinnen und Sänger sind übrigens herzlich eingeladen für die Mitwirkung an kommenden Projekten Kontakt aufzunehmen: www.procant.de * info@procant.de

Einige Infos über die Musiker laut Programmblatt:

Dr. Stephan Diedrich (Leitung), *1974, Studium der Kirchen- und Schulmusik an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main (Chorleitung bei Wolfgang Schäfer und Winfried Toll) ist in der Vokalmusik vielfältig engagiert. Neben der Arbeit mit dem Projektchor ProCant war er Mitglied der A-cappella-Band "Klick'nwirtschaft" und leitete in der Vergangenheit verschiedene Kirchenchöre und einen Männergesangsverein. Er ist Organist an St. Michael, Göttingen, und seit August 2007 Studienrat für Deutsch und Musik am Eichsfeld-Gymnasium Duderstadt. 2011 promovierte Stephan Diedrich bei Prof. Dr. Ute Jung-Kaiser (Frankfurt) mit einer musikpädagogischen Arbeit über Mozarts Krönungsmesse.

Ulle Pfefferle (Klavier), aufgewachsen in Duderstadt, studierte Klavier, Flöte und Musiktherapie in Köln und Münster. Sie begleitet oft und gerne Instrumentalisten, Sänger und Chöre. Mit ihrem synagogalen Ensemble "Mendels Töchter" tritt sie regelmäßig vorwiegend im Münsterland auf. Als Musiktherapeutin arbeitet sie auf der Palliativstation der Universitätsklinik Göttingen.

Tobias Jakobi, hat während der Schulzeit mit dem Saxophon spielen angefangen und seitdem nicht mehr aufgehört; hat als langjähriges Mitglied der Blue Note Big Band (1. Preis in der Kategorie „Jazzorchester" beim Deutschen Orchesterwettbewerb für Amateure in den Jahren 2000 und 2008) mit nationalen und internationalen Jazzgrößen gespielt (u.a. Ack van Royen, Bobby Shew, Tony Lakatos) und ist mit eigenem Quartett zwischen 1997 und 2006 durch deutsche Jazzklubs getourt und bei internationalen Jazzfestivals aufgetreten (Jazz an der Donau, Bansko Jazzfestival); in Göttingen regelmäßiger Mitspieler bei xy jazz, der UNI-Bigband.

Natalie Skopina (1. Violine) ist langjähriges Mitglied des Göttinger Symphonieorchesters (GSO), stammt aus Moskau und hat am Moskauer Konservatorium studiert.

Inna Tulchynsky (2. Violine) stammt aus der Ukraine und hat an der Tschaikowski-Musikakademie in Kiew studiert.

Janusz Nozarzewski (Viola) ist ehemaliger Solo-Bratschist des GSO und studierte an der Musikakademie in Warschau.

Eva Veith (Violoncello), Studium an der Musikakademie in Podgorica (Montenegro) und an der Musikhochschule Detmold, hat zahlreiche Solo- und Kammermusikauftritte.

Wer das Konzert heute am Samstag verpasst hat, der hat morgen noch eine Chance: Am 19.6.2016 um 18:00 Uhr in St. Martini, Bovenden.