Bericht Nr. 9 aus Tacoma von Anna-Lena Schick

u.a. Karwoche, 30 Taufen, eine unpolitische Tea Party und Urlaub am nordwestlichsten Punkt der USA

 

Bericht 9 - April                 Tacoma, 06.07.2015

Liebe Unterstützer, Freunde, Verwandte und Bekannte,

Ostern und April sind nun doch schon eine Weile her, aber ich möchte euch ja nichts vorenthalten. Deshalb doch noch ein schneller Überblick über die Ereignisse des Aprils und ich hoffe, dass ich mit den nächsten Berichten schneller bin.

Die Karwoche war ziemlich ereignisreich, 3 Tage hintereinander hat sich die gesamte Community getroffen.
Gründonnerstag haben sich alle im Wohnzimmer von Farmhouse versammelt, mit Schüsseln und Handtüchern bewaffnet. In den Häusern haben wir uns dann gegenseitig die Füße gewaschen, als Akt der Nächstenliebe und um zu erfahren, wie es ist, einerseits zu dienen, aber andererseits auch bedient zu werden. Eine sehr interessante Erfahrung, die für großes Gelächter in allen Kleingruppen gesorgt hat. Am Abend bin ich dann mit einigen von meinen Mitbewohnern in die Kirche gegangen, wo erneut die Füße gewaschen wurden.

An Karfreitag sind wir alle gemeinsam den Kreuzgang nachgegangen, jede Station stand für etwas anderes. Mit ca. 14 Stationen hat sich das ganze ziemlich in die Länge gezogen, dazu war es eisig kalt. Alle waren froh, wieder zuhause zu sein, wo wir uns in Decken gekuschelt und Kakao getrunken haben. Zum Lunch gibt es für alle Pfannkuchen und anschließend werden Eier gefärbt. Die Hühner auf der Farm haben nach der Winterpause wieder eifrig angefangen, Eier zu legen, sodass wir jedem Haus 4 Dutzend Eier zu diesem Zweck geben konnten.

Ostersamstag gab es eine große Grillparty und ein Lagerfeuer, das letzte Gemeinschaftstreffen für dieses Ostern. Fix und fertig von den ganzen Aktivitäten die letzten 2 Tage haben alle im Farmhouse anschließend im Wohnzimmer einen Film geguckt bzw. ein Mittagsschläfchen gehalten. Abends machen wir uns auf den Weg zur Osternacht der Kirche, dort gibt es ein Lagerfeuer und jeder bekommt eine Kerze. Der Gottesdienst dauert insgesamt ca. 3 Stunden, eine Stunde davon werden ca. 30 Leute getauft.

Den Ostersonntag habe ich mit meiner Gastfamilie verbracht, erst sind wir in einen Gottesdienst der New Life Baptist Church gegangen, wo viel Gospel gesungen und getanzt wurde. Anschließend fahren wir zu deren Haus, wo ich Ostereier für die Kinder verstecke und am See einen Mittagsschlaf mache. Die Familie von meinem Gastpapa Eric kommt zu Besuch und nach der Ostereiersuche, die für die Erwachsenen irgendwie spannender war als für die Kids essen wir Schinken und Kartoffeln, offensichtlich ein relativ traditionelles Gericht hier für Ostern.

Das Wetter wurde nach Ostern immer besser, bei sommerlichen Temperaturen radele ich in der Nachbarschaft herum und genieße die Sonne draußen im Gras in kurzer Hose und T-Shirt.

Einige künstlerische Projekte habe ich auch zustande gebracht, z.B. habe ich zwei kleine Wägen für die Junior Daffodil Parade bemalt, eine Parade zu Ehren der Osterglocken, die durch die Innenstadt führte.

Nachdem eine Freundin mir von der mir unbekannten Organisation „Habitat for Humanity“ erzählt hat, habe ich mich mal schlau gemacht. Es ist also eine internationale Organisation, bei der man in den USA als Freiwilliger helfen kann, für einkommensschwache Familien bezahlbare Häuser zu bauen. Gleich angemeldet und einen Orientierungskurs mitgemacht. Jetzt muss ich nur noch die Zeit finden, tatsächlich auf dem Bau zu helfen.

Auf der Farm hat jetzt die Marktsaison begonnen. Die Sachen, die wir dort verkaufen, sind hauptsächlich Gemüsesetzlinge, Blumen, Obstsetzlinge sowie Kräuter und Gewürze. Außerdem bereiten wir gerade alles auf den sogenannten „Spring Fling“ vor, ein Frühlingsfest auf der Farm. Nach dem Fest werden wir die Farm für Kunden öffnen, d.h. Leute können direkt auf der Farm Pflanzen kaufen.

Wann immer jemand aus der Community mitten in der Nacht zum Flughafen gebracht werden muss, wird Alex angeheuert, ein Assistant in Hopespring. Für Fanny, die 3-monatige Besucherin einer Arche in Frankreich, haben wir uns zu dritt auf den Weg gemacht. Und kaum zu glauben, aber selbst an einem Sonntag findet man um 4 Uhr morgens noch einen Laden, der einem Donuts verkauft!

Nach einem langen Prozess haben wir nun endlich einen neuen Direktor für L'Arche Tahoma Hope gefunden, Laura. Sie scheint sehr nett und gibt sich im Moment große Mühe, das Leben und die Leute in der Gemeinschaft besser kennenzulernen.

Ab April war ich dann für einige Zeit die einzige Ausländerin hier, da Michelle, meine Mitfreiwillige, zurück nach Deutschland gegangen ist. Da auch einige andere die Gemeinschaft verlassen bzw. gewechselt haben oder eine andere Position inne haben, waren für ein paar Wochen relativ wenig Assistants zur Verfügung, sodass maximal zwei Leute immer zusammen in einem Haus waren. Dazu kam auch noch eine Krankheitswelle, sodass man oft auch alleine mit vier Core Members war. Zum Glück kommen bald die Sommerassistants, dann entspannt sich alles wieder.

Ein anderes Ereignis im April war Nancys Teeparty, ein Event, das jährlich stattfindet. Dieses Jahr war das Thema „British Royal Tea Party“. Wie immer bei solchen Sachen hat die Vorbereitung mehr Spaß gemacht als die Party selbst, wo sich einige alte Damen hauptsächlich über die Kekse unterhalten haben und dazu das Kleid eines kleinen Mädchens das Titellied zum Disneyfilm „Frozen“ geträllert hat.

Nach einigem Hin und Her habe ich mich doch dazu entschieden, die Wände meines Zimmers neu zu streichen, da die alte Farbe so langsam aber sicher abblättert (und soo schön war das Gelb auch nicht). Dazu muss ich jetzt aber erst mal die alte Farbe abkratzen, was mich einige monotone Stunden gekostet hat. Netterweise habe ich die restliche Farbe, Pinsel und Co von einer aus dem Büro bekommen.

Nachdem wir sie schon so lange erwartet haben, waren endlich die Inspektoren des Staates hier. Sie haben sich ein bisschen umgeguckt und waren eigentlich ganz nett – echte Menschen! Es gab wohl nichts zu bemängeln und schon waren die Herrschaften auch schon wieder weg.

Fast hätte ich vergessen, von meinem Urlaub zu erzählen! Mit zwei anderen Assistants bin ich auf die Olympische Halbinsel gefahren, wo wir an der Küste entlang über Port Angeles bis zu Neah Bay gefahren sind, das auf einem Reservat an der Spitze liegt. Nachdem wir unser Zelt direkt am Strand aufgebaut haben, sind wir zu Cape Flattery gewandert, der nordwestlichste Punkt der USA. Von hoch oben schauen wir die Klippen runter auf die rauschenden
Wellen, über uns kreisen Möwen, Kormorane und auch ein Weißkopfseeadler. Da wir noch etwas Zeit vor Sonnenuntergang hatten, sind wir noch zu Shishibeach gewandert, ein Matschweg ohne gleichen. Über Pfützen springend und Baumstämme entlang balancierend erreichen wir schließlich den Strand. Am nächsten Tag besuchen wir noch das Museum in Neah Bay, das über die Geschichte und Traditionen der Makah berichtet. Um einen anderen Weg zurück zu fahren sind wir auf dem Rückweg die Westküste runtergefahren (an Forks vorbei – nur dort hat es geregnet). Noch eine Wanderung am Strand bei Kalalochbeach, wo wir auf den Felsen im Wasser herumgeklettert sind, dann ging es über Aberdeen und Olympia zurück nach Hause.

Ich hoffe, euch allen geht es gut!

Alles Liebe,
Anna Lena

annalena@weingut-schick.de

Anna Lena Schick
c/o L'Arche Tahoma Hope Office
12303 36th Ave. East
Tacoma, WA 98446
USA