Geistlicher Impuls zum Vierten Sonntag der Osterzeit

Der Mann, der Bäume pflanzte.

Das Evangelium und andere Texte für den heutigen Tag finden Sie in der Online-Kalender-Version des Schott-Messbuches der Erzabtei in Beuron.

 

IMPULS

In seiner Erzählung, Der Mann, der Bäume pflanzte, erzählt Jean Giono, wie er 1913 als junger Mann, in der Provence wandernd, durch Zufall die Bekanntschaft eines schweigsamen Schäfers macht. Der hatte vorher einen Bauernhof im Tal besessen. Nachdem er seinen einzigen Sohn und später seine Frau verloren hatte, zog er sich auf die kargen Höhen zurück und fand Gefallen am langsamen Lebensrhythmus und der Einsamkeit.

Die Gesellschaft des 55 –Jährigen erfüllte den jungen Wanderer mit Frieden. Im Gegensatz zu den verfallenen Häusern und überwucherten Höfen verkörperte der Schäfer ein Leben, das sich ganz der Zukunft widmet. Wohin immer er seine Schafherde trieb, er nahm einen Eisenstab mit, bohrte damit Löcher und legte sorgfältig ausgewählte, im Wasser getränkte Eicheln oder Buchecker hinein. So pflanzte er „nebenbei“ jeden Tag 100 Bäume mit größter Sorgfalt. In drei Jahren waren es schon 100 000 geworden, von denen etwa 20 000 aufwuchsen. Von irgendwoher war er seines Zieles so sicher, dass Misserfolge ihn nicht entmutigten, auch nicht als von den 10 000 Ahornsamen, die er in einem Jahr gepflanzt hatte, alle zugrunde gingen.

Niemand außer dem jungen Wanderer wusste von diesem selbstlosen, „sturen“ Tun, deshalb störte auch niemand sein Werk. Wer bemerkte, dass die Landschaft sich veränderte, schrieb er es dem Zufall der Natur zu. Unbeirrt pflanzte Eleazard Bouffier in fremder Erde auch während der beiden Weltkriege weiter. Richtige kleine Wälder waren inzwischen entstanden, deren Bäume und anderen Pflanzen sich von alleine weiter vermehrten. Ein Gott würdiges Werk.

Der junge Wanderer sah als Soldat viele Menschen sterben und erlebte viel Zerstörung. Aber wenn er (zwischen 1920 und 1945) jeden Sommer den Mann besuchte, der Bäume pflanzte, sah er durch einen einzigen Menschen das Leben und das Land aufblühen. Stellte er sich vor, wie das alles aus den Händen und der Seele dieses Mannes entstanden war, so verstand er, dass Menschen eine gottgleiche Macht haben können, nicht nur im Zerstören. Achtzigjährig ist der Schäfer im Jahre 1947 im Altersheim friedlich entschlafen.

Seine „dauerhafte Seelengröße und selbstlose Großzügigkeit“ hatten aus einer Wüste ein gelobtes Land gemacht. Mit dem Erscheinen der Erzählung, 1953, stieß ihre Botschaft auf ein solches Interesse, dass es bald Übersetzungen in 13 Sprachen gab. Lange beantwortete Giono die Frage, ob die Geschichte wahr sei, mit der sinngemäßen Gegenfrage, „Wollen Sie wissen, ob die Geschichte wahr ist wie Jesu Gleichnisse wahr sind, weil sie göttliche Wahrheit enthalten, oder wollen Sie wissen, ob sie nur stattgefunden hat?“

Was ist Ihnen wichtiger?

Wieso wohnten in dem Mann, der Bäume pflanzte, die göttlichen Eigenschaften, dauerhafte Seelengröße und selbstlose Großzügigkeit?

Gab es schon mal einen Menschen, der Gott mit seiner ganzen Größe in seinem Inneren hat wohnen lassen?

Lassen Sie Gott dauerhaft in Ihrem Innersten wohnen?

Wie macht man das?


Theo Schneider SJ