„Wie betest Du?“
Diese Frage stand im Mittelpunkt einer Veranstaltung der Citypastoral, die unerwartet viele Interessierte in den Gemeindesaal von St. Michael gelockt hatte. Dabei ging es diesmal nicht um einen Vortrag, sondern die persönlichen Zeugnisse dreier Theologen sollten Impulse geben für Gespräch und Austausch unter allen Anwesenden.
So zeigten Pater Clemens Maaß SJ, Diakon Helmut Hanusch und der Jesuiten-Novize Sebastian Schulze anhand ihrer eigenen Gebetsgewohnheiten und -erfahrungen, auf welch unterschiedliche Weise äußere Eindrücke wie auch innere Situationen ein Gebet auslösen können und wie entsprechend reichhaltig die Palette der Gebetsformen ist, die sich daraus ergeben.
Pater Maaß stellte drei ganz verschiedene Arten seines Betens vor. Zunächst beschrieb er, wie ausgewählte religiöse Kunst ihn anregt, sein eigenes Leben darin gleichsam zu spiegeln und dabei zu spüren, wie Jesus ihn einlädt, bei ihm „mitzumachen“, bis zum Ende – am Kreuz… Dann erwähnte er ein ganz spontanes Beten: dass er z.B. unterwegs für Menschen betet, die ihm auf der Straße begegnen, oder dass er in bestimmten Situationen einfach dem Herrn all das erzählt, wovon sein Herz überläuft. Und als dritte Form nannte er das liturgische Gebet, das als eine Art Stabilisierung betrachtet werden kann und richtungweisend für all unser Beten ist.
Helmut Hanusch schilderte anhand konkreter Beispiele seine lebendige Beziehung zum Heiligen Geist und empfahl allen, das Gebet zum Heiligen Geist mehr zu pflegen und ihn – z.B. mit den Worten der Pfingstsequenz – auf uns herabzurufen. Dieses Gebet gewinnt noch einmal eine neue Dimension, wenn es in Gemeinschaft und in Form von gesungenem oder spontan gesprochenem Lobpreis geschieht. Ein Lobpreis-Gottesdienst ist ein gemeinsames frohes, dankerfülltes Verweilen in der Gegenwart Gottes.
Sebastian Schulze schilderte den langen Weg seiner geistlichen Berufung im Licht seiner persönlichen Gebetserfahrungen. Als Kind hatte er im Bamberger Domchor lange Zeit singend gebetet und dadurch eine starke Prägung erhalten. Jahre später erwachte dann diese Prägung in der Begegnung mit der Gebetskultur der Jesuiten zu neuem Leben. Hier erfuhr Herr Schulze in einer Situation der Neuorientierung den Halt der festen Gebetszeiten in der Gemeinschaft und spürte, wie ihm in der scheinbaren Monotonie des Rosenkranzgebetes eine Kraft zuströmte, die ihn trug: Er musste nicht mehr wie bisher in zermürbendem Streben selbstgesteckte Ziele erreichen, sondern durfte sich einfach Gott anvertrauen und ihn wirken lassen. Als ein weiteres grundlegendes Element seines Betens nannte Herr Schulze den ignatianischen Tagesrückblick, bei dem man abends alles noch einmal an sich vorüberziehen lässt, für das Positive dankt und das Negative vertrauensvoll in Gottes Hand legt. Solch ein Loslassen schenkt Freiheit und einen tiefen Frieden.
Diese drei so verschiedenen Zeugnisse regten im Kreis der Hörer einen lebendigen Austausch an und lösten etliche Fragen aus: Was tun, wenn mein Beten scheinbar ins Leere geht? Wie gehe ich mit Zeiten geistlicher Trockenheit um? Ist mein Grundvertrauen stark genug, um die Erhabenheit und Nicht-Verfügbarkeit Gottes auszuhalten?… Der Gesprächsstoff hätte noch für weitere Stunden ausgereicht, und auch nach dem offiziellen Abschluss der Veranstaltung konnten manche sich kaum trennen. Eines aber hat dieser Abend deutlich gemacht: Wir sollten öfter den Mut haben, nicht nur über unseren Glauben, sondern auch über unsere persönlichen Glaubenserfahrungen miteinander zu sprechen. Das kann für alle fruchtbar sein.