Suppe - Seife - Seelenrettung. Zu Besuch bei der Heilsarmee!

Frau Esther Gulde stellt das Männerwohnheim der Heilsarmee in Göttingen vor!

Jeder kennt die Heilsarmee: aus Filmen oder persönlich! Wie kaum eine kirchliche Gruppe steht sie seit Jahrzehnten für ihr Markenzeichen, das in ihrem alten Slogan zum Ausdruck kommt: Suppe - Seife - Seelenrettung.

Frau Esther Gulde leitet zusammen mit ihrem Mann das Männerwohnheim in der Unteren Maschstr. 13b. Das Ehepaar Gulde wohnt zusammen mit ihrem fünfjährigen Sohn und einem demnächst zur Welt kommenden Mädchen innerhalb des Haus. Feierabend im echten Sinn des Wortes gibt es da nicht, denn es kann immer jemand klingeln, der einen Schlafplatz braucht. Frau Gulde sagt klar, dass so ein Leben für sie nur aus dem Glauben an Jesus Christus lebbar ist.

Zur Heilsarmee hat sie ausgerechnet bei einer Beerdigung gefunden. Es hat sie angesprochen, wie die Soldaten und Offiziere die "Beförderung" (so der O-Ton) ihres Mitglieds gefeiert (!) hätten. Damit ist indirekt schon ein weiteres Kennzeichen der Heilsarmee (HA) angesprochen: Die Freikirche ist wie eine Armee aufgebaut. In jedem Heim oder in jedem Versammlungsraum findet man die obligatorische Fahne und das symbolträchtige Wappen. Das Fußvolk der ehrenamtlichen MitarbeiterInnen sind die "Soldaten". Die "Offiziere" sind eine Art Klerus, der in einer eigene Schule ausgebildet wird. Größere Provinzen oder Länder werden von einem "Kommandanten" geleitet und ganz oben, im Londoner Hauptquartier, lebt der General, derzeit eine Generalin, Frau Linda Bond, die "Päpstin" der weltweiten HA. Die 100%-ige Gleichberechtigung ist übrigens bei der HA schon immer eine Selbstverständlichkeit gewesen.

Gründer der Gemeinschaft war William Booth, der zusammen mit seiner Frau das Elend Englands im Zeitalter der Instustrialisierung mit ansehen musste. Aus der methodistischen Kirche kommend, erklärte er der Armut regelrecht den Krieg und gründete so die Heilsarmee. Er wollte dem Elend systematisch zu Leibe rücken, von daher erklärt sich die militärische Begrifflichkeit, an der sich - so gestand Frau Gulde zu - heute auch manchmal die Leute reiben. So lehnen immer mehr Mitglieder heute die traditionelle Uniform ab. Auf der anderen Seite verschafft die Uniform auch Respekt. So kann sie berichten, das besonders Frauen durch die Uniform Schutz erfahren. Selbst die raubeinigsten Betrunkenen haben Scheu davor, sich mit einem HA'ler anzulegen.

In den ersten Jahren wehte den Heilsarmisten der Wind sehr ins Gesicht. V.a die Kneipenseitzer sahen ihre Kundschaft abspenstig gemacht. 1865 war die Heilsarmee der Sache nach da, dreizehn Jahre später auch dem Namen nach. 1880 wurde die erste Gemeinde in den USA gegründet und von dort aus kam der deutsche Auswanderer Fritz Schaf - über die Schweiz - zurück nach Deutschland, um 1886 in Stuttgart die erste Gemeinde auf deutschem Boden zu gründen. Heute gibt es in der BRD ca. 45 Gemeinden und ca. 40 Sozialeinrichtungen. Die deutsche HA ist Mitglied der evangelischen Allianz, der ACK, des diakonischen Werks, der VEF, der Bibelgesellschaft u.a. Netzwerke.

Neben dem starken sozialen Standbein ist die HA auch eine Freikirche. In vielem gleicht sie hierin anderen Kirchen, hat aber auch eigene Akzente. So kennt die HA keine eigene Taufe. Statt dessen gibt es eine Kindesweihe, in der sich die Eltern verpflichten dem Kind das Anliegen der HA durch Wort und Lebensbeispiel nahe zu bringen. Dieses wird freilich später selbst entscheiden dürfen und müssen, ob es dies selbst übernehmen wird. Auch kennt die HA kein Abendmahl. Wegen des strikten Alkoholverbots war dies tabu und hat sich, seitdem auch Traubensaft möglich ist, nicht mehr entfaltet. Allerdings gibt es durchaus auch Mitglieder, die ihre Kinder in anderen Kirchen taufen lassen oder in ihnen zum Abendmahl gehen.

Es ist für das Göttinger Männerwohnheim nicht leicht sich gegenüber der Stadt zu behaupten. In so manchem könnte sich die HA die Zusammenarbeit unbürokratischer vorstellen. Das Haus ist für 18 Plätze ausgelegt, von denen derzeit aber nur 13 belegt sind. Zwar ist hier der "Komfort" vergleichsweise hoch (sehr sauberes Haus, gute Einrichtungen, gepflegte Atmosphäre...) auf der anderen Seite wird in Sachen Alkoholverbot rigoros durchgegriffen, was auch abschreckt.

Am Schluss gab es noch eine kleine Hausführung durch den Speiseraum und in zwei derzeit unbelegte Zimmer. Frau Esther Gulde hat durch ihre nüchterne und gerade deshalb ergreifende Art ihre Einrichtung und Kirche sehr sympathisch dargestellt. Die knapp 20 TeilnehmerInnen quittierten ihren Einsatz mit viel Applaus und einer spontanen Kollekte.

Mit dem Besuch bei der Heilsarmee (mehr Infos unter www.heilsarmee.de) startet die Citypastoral in eine neue Saison von "Was glauben die anderen?" Der nächste Besuch gilt der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, besser bekannt als Mormonen. Sie sind derzeit v.a. wegen ihres Mitglieds Mitt Romney in den Schlagzeilen, der in den USA Barack Obama vom Präsidententhron stürzen will. Der Besuch der Mormonen findet am 18. Oktober statt.