Katharina Luther – die Frau des Reformators
Ein ARD – Film schildert das Leben von Katharina von Bora
Das Reformationsjubiläumsjahr ist Gelegenheit auch mal Menschen des Reformationsgeschehens in den Blick zu rufen, die nicht in der ersten Reihe stehen. Eine dieser Personen ist mit Sicherheit Katharina Luther, geborene Bora. In der ARD gab es am Mittwoch, den 22.2. zur Prime Time einen Film über sie, der derzeit noch in der ARD Mediathek abrufbar und anschaubar ist.
Die Resonanz war enorm: 7,28 Mio Fernsehzuschauer sahen den Film, das entspricht einem Marktanteil von 22,5%. Auch die sich anschließende Dokumentation u.a. mit dem Göttinger Kirchengeschichtler Prof. Thomas Kaufmann war quotenträchtig.
Der Film ist kein positiver Werbefilm, wie der bekannte Film Luther mit Joseph Fiennes als Martin Luther. Katharinas‘ Luther, gespielt von Devid Striesov, sieht schon mal realistischer aus. Er ist dauernd am Schreiben von Proklamationen und Artikeln, um die Geister, die er rief, zu bändigen. Philipp Melanchton sitzt ihm im Nacken – Luther arbeitet ganz für die Reformation!
Ganz anders seine Frau, die ehemalige Nonne Katharina Bora, hervorragend gespielt von Karoline Schuch. Sie wird von ihrem Vater als Mädchen an der Klosterpforte abgegeben. Die im Kloster umhergeschmuggelten Abschriften Luthers lassen in ihr und 10 weiteren Nonnen den Entschluss heranreifen dem engen Klosterleben zu entfliehen. Hier zeigt der Film anschaulich, wie eng die Möglichkeiten gerade von Frauen waren jenseits von Kloster oder Ehe zu leben. Auch Katharinas und Luthers Ehe war offensichtlich keine Liebesheirat, sondern eher eine Vernunftehe. Katharina muss ihrer Unterstützerin, bei der sie und ihre Mitschwestern untergekommen waren, Barbara Cranach, schließlich doch recht geben: Es gibt in dieser Gesellschaft für Frauen außerhalb des Klosters nur die Möglichkeiten: Hure oder Ehefrau!
Für Luther steht die Arbeit für die Reformation ganz klar an erster Stelle und Katharina verspricht ihn hier auch bedingungslos zu unterstützen und ihm den Rücken frei zu halten. Und so krempelt sie Haus und Hof um, wird zur taffen Managerin, die weiß wie man das Leben zu nehmen hat, wohingegen Luther in Alltagsdingen eher lebensfremd wirkt und ganz in seiner Arbeit für den Glauben aufgeht. Vielleicht darf man im positiven Berufsbild von Katharina Luther bereits einen Anklang der protestantischen Berufsethik sehen, die - nach Max Weber - zwar bei Calvin voll zur Geltung kam, aber auch bei Luther schon da war: Nicht nur Mönche und Nonnen können gottgefällig leben, sondern auch Männer und Frauen die in "weltlichen" Berufen sich engagieren und Welt gestalten.
Schön und menschlich fand ich den Umgang mit den Kindern – für die damalige Zeit wohl sehr einfühlsam und pädagogisch emanzipiert. Der zunehmend polternde und immer mehr gegen Bauern und Juden zeternde Reformator wirkt hier sehr menschlich. Er versucht seinen Kindern mit seinen Liedern und auch mit einfühlsamen Erklärungen den Glauben zu erklären und zu vermitteln. In einer schwergewichtigen Männerunde – einer von Luthers Tischgesellschaften bzw. Tischreden – holt er Katharina demonstrativ an den Tisch und fragt nach ihrer Meinung – damals wohl eine Ungeheuerlichkeit! Aber Katharina ist auch in religiösen oder politischen Dingen nicht auf den Mund gefallen. Symptomatisch ist ja diesbezüglich auch Luthers überlieferte ironische Anrede an seine Frau: Herr Käthe…
Erst am Ende kann sich Luther dazu durchringen seiner Familie, insbesondere seiner Frau, die Anerkennung zu geben, die sie immer schon verdient hatte. Der Tod der Tochter Magdalena hat Katharina und Martin Luthers Ehe geprüft, aber letztlich gestärkt.
Der Film wirkt irgendwie beklemmend realistisch. Das Leben der meisten Menschen scheint damals unheimlich schwer gewesen zu sein, die gesellschaftlichen Schablonen starr und erbarmungslos. Martin Luther ist weder optisch noch in seinem Eifer für seine Sache ein (reiner) Held, wirkt eher wie ein Sisyphos, dem die Reformation über den Kopf wächst und entgleitet. Katharina scheint die Zügel eher in der Hand zu behalten. Sie kämpft für ihre Familie, will ihre Kinder nicht irgendwo abgeben, wie sie es selber erfahren hat. Leider erlauben die Regeln der damaligen Zeit Martin Luther nicht seinen Besitz an seine Frau zu vererben und sie zum Vormund für ihre eigenen (!) Kinder einzusetzen, für die sie sich doch so engagierte. Historisch haben sie dann doch Albrecht von Preußen und König Christian III. von Dänemark finanziell unterstützt.
Die Glaubensfreiheit ist für viele heute so selbstverständlich, dass man sich Zwang hier gar nicht mehr vorstellen kann. Katharina und ihr Mann müssen einen starken Glauben gehabt haben um so leidenschaftlich für ihn zu kämpfen und solche Opfer zu bringen. Das kann nachdenklich machen…
Fazit: Ein guter, aber auch trauriger Film, der eine mutige Frau ins Blickfeld rückt, Kind ihrer Zeit sein lässt und doch als emanzipierte Frau darstellt.
P. Manfred Hösl SJ