Iftar mit der Offenen Tür - was für ein Abend !!!
Eigentlich war zu Beginn ein Vortrag zum Thema Spiritualität des Ramadan vorgesehen und Livemusik auf der Ney. Aber leider ist der Zug ausgefallen, in dem der Referent sitzen wollte. Aber was dafür kam übertraf die Erwartungen vieler ...
Inzwischen haben wir die Gastfreundschaft unserer türkischen Partner schon an so manchem Familientisch kennenlernen dürfen. Aber wenn im Ramadan das Fasten nach Sonnenuntergang gebrochen wird, dann ist das noch einmal etwas ganz Besonderes.
Anstelle des geplanten Vortrages gab es einen spontan eingespielten Kurzfilm zum Thema und dann frei improvisiertes Fragen und Antworten. Nach einer kurzen Begrüßung von Cecil Erdem, dem Vorsitzenden von "Mürüvvet" (Die Offene Tür), moderierte der Student Kara Baris souverän das Gespräch und überbrückte mühelos die Zeit bis zum Fastenbrechen um 21.05 Uhr.
Wir Christen lernten einmal mehr die Ernsthaftigkeit kennen, mit der unsere muslimischen Freunde ihren Glauben persönlich und auch gemeinsam leben und feiern. Auch dieses Mal fiel auf, dass wir in manchen Dingen sehr ähnliche Traditionen haben, die freilich im säkularisierten Abendland inzwischen anders gelebt oder auch vergessen werden. So war es vor einigen Jahrzehnten auch in der katholischen Kirche üblich, vor der Messe einige Stunden weder zu essen noch zu trinken - schon vergessen?
Wenn man allerdings zwischen Sonnenaufgang (nach muslimischem Verständnis in Göttingen derzeit etwa um 4 Uhr morgens) und Sonnenuntergang (derzeit nach 21.00 Uhr) auf Essen und Trinken ganz verzichten will, dann ist es gut, wenn die ganze Familie und am Besten auch der Freundeskreis mithilft. Dann wird der Fastenmonat zu einem großen Gemeinschaftsabenteuer, das jeden Abend mit dem gemeinsamen Fastenbrechen (Iftar) einen kleinen Höhepunkt hat.
Wie liebevoll so ein Iftarmahl gestaltet wird, durften wir Christen am 11. Mai miterleben. Angefangen von wunderschönen Gedecken mit Blumen und Weisheitssprüchen über den feierlichen Gebetsruf vor dem Essen bis zu dem unglaublich feinen Essen selbst.
Auch die Gespräche beim Essen und danach sind in guter Erinnerung. Natürlich haben wir Fragen an einander. Mich interessiert zum Beispiel, wie unsere Freunde darüber denken, wenn Kinder den Glauben ihrer Eltern ablegen und eigene Wege gehen.
Über die Medien haben wir bei muslimischen Menschen oft ganz schreckliche Phantasien, vergessen aber dabei, dass auch christliche Eltern in solchen Situationen nicht glücklich sind und oft schmerzhaft lernen müssen, die Freiheit ihrer Kinder zu respektieren … . Der Dialog darüber ist sehr kostbar. Wir werden ihn sicher weiterführen.
Ludger Joos SJ