Glaube und Zweifel. Wie kann man heute sinnvoll von Gott sprechen?
Gelungener Start einer neuen Reihe mit Gesprächen über den Glauben
"Zweifel(s)ohne" lautet das verklausulierte Wort, das über einer neuen Reihe stand, die vom Katholischen Bildungswerk und der Citypastoral in Sankt Michael angeboten wurde. Die Idee dazu kam von Katja Freise. Ziel war es Menschen ins Gespräch über den Glauben zu bringen.
Zu Beginn waren die Moderatoren, P. Schneider und P. Hösl, zunächst überrascht - niemand hatte mit einem solchen Zuspruch an Leuten gerechnet! Gut 25 Menschen waren ins Gemeindezentrum gekommen, vom langjährigen Gemeindemitglied bis zum Newcomer, vom erklärten Agnostiker bis zum Philosophiestudenten, vom Glaubenskursler bis zum Messdiener, usw. Mancher gab als Motiv seines Kommens an, dass er "leider" schon immer katholisch gewesen sei und deshalb nicht habe am Glaubenskurs teilnehmen dürfen, aber auch als Christ von Kindesbeinen an hat man so seine (An-) Fragen...
P. Schneider hielt einen kurzen Impuls, der versuchte Problemzentren zu benennen. Exemplarisch las er ein paar Verse aus der "Bibel in gerechter Sprache" vor, die eine inklusive Sprache versucht, Gott als Mann und Frau beschreibt und Momente der Theologie der Befreiung beinhaltet.
Die angerissenen Probleme wurden in der dann anschließenden Vorstellungsrunde weitergeführt. Gesprächssplitter daraus waren:
* Vater unser... Was mache ich, wenn ich keine gute Vater-Erfahrung gemacht habe?
* "Ich kann nicht zu Gott beten! Ich bete zu Jesus!" und umgekehrt! Die beiden Lager scheinen sich in etwa die Waage zu halten. Nur mit dem ungreifbaren Heiligen Geist tun sich die meisten schwer, aber auch er hatte zumindest eine explizite Fürsprecherin in der Runde.
* Für so manchen war die Rede von Gott zu eng, zu einschnürrend. Ein anderer beklagte die Softi-Rede von Gott, die einfach nicht klipp und klar benennt, was Gott von uns Menschen erwartet. "Für mich ist Jesus der Feldherr, der mir sagt wo es lang geht!" Ein schon lange nicht mehr gehörtes Statement...
* Manche kommt aus einer kontemplativen Gebetstradition, der andere redet mit Gott wie mit seinem älteren Bruder. Wie redet man "richtig" von und mit Gott?
* Positive Zustimmung erhielt eine Wortmeldung, die von unterschiedlichen Glaubens- und Zweifelszeiten im selben Leben berichtete. Es gibt eben Phasen, wo man locker "durchglauben" kann und Phasen, wo man alles in Frage stellt.
* Eine Teilnehmer gab als Motiv zu kommen an, dass sie als evangelische Religionslehrerin eine entsprechende Abiturfrage korrigieren musste. Gott als Abituraufgabe? Nach welchen Kriterien soll man hier korrigieren?
* "Warum kann ich nicht so glauben wie in meiner Kindheit? Da war Gott im Himmel, es gab den Rosenkranz, alles war so einfach!" Diese Teilnehmerin sprach vielen aus dem Herzen. Gibt es einen Weg sich in den Kinderglauben "zurückzuglauben"?
Nach dieser sehr bunten und nachdenklich manchenden Vorstellungsrunde ging es dann in Murmelrunden mit den Nachbarn am Tisch. Dort wurde dann auf einzelne Meinungen eingegangen, wurden diese ausgeweitet, bestätigt, verworfen und kommentiert. Ein Gedanke aus den Murmelrunden wurde dann im abschließenden Plenum vorgestellt.
Insgesamt waren die TeilnehmerInnen wohl von der Einfachheit und gleichzeitigen Tiefe der Veranstaltung positiv angerührt. Vielleicht hat sich so mancher Gast diese Offenheit vorher gar nicht zugetraut?!
Am Ende lud P. Schneider zu einem freien Abschlussgebet ein. Dass die Gäste nur zögernd Saal und Gelände verließen sprach für die spirituelle Tiefe des Abends. Vielleicht war diese Tiefe auch deswegen erreicht worden, weil dieser Abend sich keinen ausgearbeitetem Konzept verdankt, sondern.... hm... vielleicht Gott?