Es ist vollbracht (Joh 19,30)
Zur Todesstunde Jesu viel Stille ...
Die Liturgie beginnt im stillen Gebet. Kantor (Stephan Diedrich) und Altardienst (Andreas Seidel und Sven Lichtblau) liegen mit dem Zelebranten (Ludger Joos SJ) ausgetreckt auf dem Boden. Dann geht es ohne Begrüßung oder Überleitung gleich los mit den Lesungen des Tages.
Sie sind dem Buch des Propheten Jesaja und dem Hebräerbrief entnommen und werden von Katharina Neisen und Christiane Reithofer vorgetragen.
"Wir hatten uns alle verirrt wie Schafe, jeder ging für sich seinen Weg. Doch der Herr ließ auf ihn treffen die Schuld von uns allen." - so klingt es bei Jesaja.
Im Hebräerbrief lesen wir: "Christus hat in den Tagen seines irdischen Lebens mit lautem Schreien und unter Tränen Gebete und Bitten vor den gebracht, der ihn aus dem Tod retten konnte, und er ist erhört worden."
Auf die Lesungen folgt die Passion Jesu nach Johannes, die den Leidensweg Jesu nachzeichnet.
Wie kann ein solch grauenhafter Tod irgendetwas Gutes bewirken?
Sind wir nicht müde, immer wieder von politischen Prozessen und politisch motivierter Gewalt zu hören oder zu lesen? Myanmar, Russland, China ...
Ein Verständnis für die erlösende Kraft der Passion Jesu erschließt sich , wenn man das Leben als Gebet, als Dialog mit Gott begreift. Das tut Israel. Und das tun auch die biblischen Autoren.
Israel betet zu seinem Gott mit Leib und Seele. Auch Fasten gehört zu diesem Gebet. Durch Fasten betont und zeigt Israel seine Angewiesenheit auf Gott. Fasten ist wie ein Schrei, mit dem Israel Gott zwingen will, sich seines Bundes zu erinnern. Man könnte sogar sagen: Israels Fasten ist eine Art "Hungerstreik", damit Gott sich erbarme und die Not seines Volkes wende.
Das Fasten und die Hingabe Jesu fügen sich ein in dieses Gebetsverständnis vieler Propheten, die zum Fasten aufrufen oder stellvertretend für das Volk fasten und beten.
Auch Jesus fastet und betet - stellvertretend für sein Volk und stellvertretend für alle Schöpfung.
"Ich werde von nun an nicht mehr von diesen Gewächs des Weinstocks trinken bis an den Tag, da ich's neu trinken werde mit euch in meines Vaters Reich."
Aber Jesu Fasten ist mehr als Verzicht. Jesu Fasten ist Ganzhingabe. Es ist Hinabstieg ("Kenosis") in die tiefsten Niederungen menschlichen Lebens: Verrat durch einen Freund, Verspottung, Verurteilung, Folter, Tod durch fremde Hand.
"Und er ist erhört worden!" - heißt es im Hebräerbrief. Er "sitzt zu Rechten des Vaters" beten wir im Glaubensbekenntnis. Und auch hier: Jesus sitzt dort - zu Rechten des Vaters - stellvertretend für die ganze Schöpfung - auch für uns.
Das ist, was wir an Ostern mit dem Wort "Auferstehung" bekennen. Christus nimmt uns mit zum Vater. Durch seine stellvertretende Ganzhingabe gelangen wir in Gottes Nähe, in Christus sind wir - ohne eigenes Verdienst - eng verbunden mit dem Vater unwiderruflich.
Tod, wo ist dein Stachel? (1 Kor 15,55)
So weit die Predigt von Pater Joos. Aber war nicht Ostern. Und so blieb es nicht bei dem kurzen Ausblick auf die Auferstehung Jesu, sondern ging weiter mit den Karfreitagsfürbitten und mit der Kreuzverehrung.
Angesichts des Gekreuzigten kommt auch das heutige Leiden in den Blick. Der Gekreuzigte erinnert uns an die Kreuze, die in unseren Tagen Menschen auf die Schultern geladen werden.
Die Karfreitagsliturgie wurde von Anton Ha live ins Internet übertragen und kann noch einige Tage abgerufen werden. Alle Bilder sind dem Livestream entnommen.