"Ach Gott vom Himmel sieh darein" - ProCant im Reformationsjubiläumsjahr
ProCant mit Orchester und Solisten in der Göttinger Reihe "Bachkantaten zu Lutherliedern"
Im Rahmen der Reihe "Bachkantaten mit Lutherliedern" gestaltet das Ensemble ProCant im Reformationsjubiläum 2017 am 4. und 5. März zwei gesitliche Abendmusiken. Im Zentrum steht dabei die Kantate "Ach Gott vom Himmel sieh darein" BMV 2 von Johann Sebastian Bach, die auf Text und Melodie des gleichnamigen reformatorischen Chorals von Martin Luther zurückgreift. Am Samstag war ProCant dazu in Sankt Michael, am Sonntag gastiert man in St. Martin / Geismar.
Auch in katholischen Göttinger Kirchen finden viele Veranstaltungen im Rahmen des Reformationsjubiläums 2017 statt. Ein Highlight war sicher die Abendmusik in Sankt Michael am Samstagabend. Gut 150 Zuhörerinnen und Zuhörer füllten die Bänke der bewusst spärlich beleuchteten Kirche.
Die räumliche Atmosphäre sollte nämlich der innerlichen Ausrichtung des Abends dienen. An dessen Zielpunkt stand Johann Sebastian's Ach Gott vom Himmel sieh darein, dessen Text von Martin Luther stammt. Aber dieses Stück wurde lange vorbereitet, ehe es als Finale eines musikalisch hochkarätigen Abends von den Musikern dargeboten wurde.
Den Anfang, nach dem Einzug des Chores, machte Jan Dismas Zelenkas (1679 - 1745, also ein katholischer Zeitgenosse des evangelischen J.S. Bach!) De profundis in d nach dem berühmten Psalm 130. Den lateinischen Text nebst deutscher Übersetzung konnte man im ausgeteilten Textblatt mitlesen. Dort standen auch die Namen der zahlreichen Stimmen des Chores, sowie der Orchestermitglieder und Solisten.
Dann sprach ein Rizitator den Text des berühmten Lutherliedes Aus tiefer Not schrei ich zu dir (GL 277), das ebenso eine Bearbeitung des 130. Psalmes ist wie das folgende Stück von Heinrich Kaminski (1886 - 1946): Der 130. Psalm - Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir.
Psalm 2 stand Pate beim folgenden Stück von Josef Rheinberger (1839 - 1901) Warum toben die Heiden (Nr 2 aus "Fünf Motetten nach Psalmtexten" op 40).
Von Psalm 67 wiederum stammten die Worte hinter dem Text, der nun vorgetragen wurde. Dem Vortrag schloss sich Felix Mendelsohn Bartholdys (1809 - 1847) Der 43. Psalm: Richte mich Gott (Nr. 2 aus "Drei Psalmen" op 78) an. Auch in diesem Text ging es um das durchgehende Motiv: Ohnmächtige Verzweiflung über die eigene Fehlbarkeit und den um sich greifenden Unglauben der Menschen - so der Leiter Dr. Stephan Diedrich in seiner Pressemiteilung vom 12. Februar selber. Er fügt hinzu: Doch letztlich wird in allen Kompositionen die unerschütterliche Hoffnung und Zuversicht auf das erlösende Eingreifen Gottes ausgedrückt.
Die Bach - Zeit war die Zeit des Barocks, die noch die Wirren des 30-jährigen Krieges in Erinnerung hat. Es lag ein Hauch von Todessehnsucht über dieser Zeit, die im nächsten Stück hörbar wurde: Immortal Bach, nach Johann Sebastian Bach in der Bearbeitung von Knut Nystedt (1915 - 2014), womit man musikalisch auch in der Gegenwart angekommen war. Gezogen, schön-schaurig und nachhallend war der Text: Komm süßer Tod, komm sel'ge Ruh', komm führe mich in Frieden.
Schluss- und Finalstück war dann das bereits zu Beginn erwähnte Ach Gott vom Himmel sieh darein vom Musiker Bach bzw. dem Texter Luther persönlich. Es ist schon erstaunlich und zeitlos, was beide Geniusse in Worten oder Tönen ausdrücken konnten, die auch nach Hunderten von Jahren noch ihre Zuhörerinnen und Zuhörer finden: Tilg, o Gott, die Lehren, so dein Wort verkehren! Wehre doch der Ketzerei und allen Rottengeistern; Denn sie sprechen ohne Scheu: trotz dem der uns will meistern.
Keine Rottengeister sind ProCant, die zusammen mit hervorragenden Musikern und Solisten einen musikalisch ausgezeichneten Abend bereiteten, der wunderbar in die jetzigen Fastenzeit einstimmt.